OLG Nürnberg: Anspruch auf originalgetreue und verständliche Datenkopie

Ein ehemaliger Mitarbeiter, der zuletzt Vorstandsmitglied eines Unternehmens war, forderte von seinem ehemaligen Arbeitgeber (der Beklagten) Auskunft über alle personenbezogenen Daten, die das Unternehmen über ihn gespeichert hatte. Außerdem verlangte er eine Kopie dieser Daten. Seine Forderungen stützte er auf Art. 15 DSGVO, der das Recht auf Auskunft und Herausgabe von Daten regelt.

Das Landgericht Nürnberg-Fürth hatte die Klage zunächst abgewiesen, da es den Anspruch nicht als gerechtfertigt ansah. Der Kläger legte daraufhin Berufung beim Oberlandesgericht (OLG) Nürnberg ein.

Dieses gab dem Kläger Recht (OLG Nürnberg, Urt. v. 29.11.2023 – Az.: 4 U 347/2) und änderte das erstinstanzliche Urteil ab. Es verpflichtete die Beklagte dazu, dem Kläger:

  1. Auskunft über alle bei ihr gespeicherten personenbezogenen Daten zu erteilen
  2. ihm eine Kopie dieser Daten bereitzustellen

Die rechtliche Begründung des Gerichts stützt sich im Wesentlichen auf folgende Feststellungen:

  • Recht auf Auskunft nach Art. 15 DSGVO: Jede Person hat das Recht zu erfahren, welche personenbezogenen Daten über sie gespeichert werden. Dieses Recht ist nicht an bestimmte Bedingungen geknüpft.
  • Umfang des Begriffs „personenbezogene Daten“: Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) umfasst dieser Begriff alle Informationen, die sich auf eine Person beziehen – also auch E-Mails, Kalendereinträge oder Sitzungsprotokolle, falls sie den Anspruchsteller betreffen.
  • Kein Missbrauch des Auskunftsrechts: Die Beklagte argumentierte, dass der Kläger das Auskunftsrecht nur nutzen wolle, um in einem anderen Gerichtsverfahren Beweise zu sammeln. Das OLG stellte jedoch klar, dass die Motivation des Klägers keine Rolle spiele. Das Recht auf Auskunft bestehe unabhängig vom Zweck.
  • Kein „exzessiver“ Antrag: Die Beklagte versuchte, die Forderung als übermäßig oder unzumutbar darzustellen. Das Gericht hielt dieses Argument für unbeachtlich, da es sich um den ersten Antrag des Klägers handelte und kein häufiger Missbrauch nachweisbar war.
  • Kostenfreie Bereitstellung der Daten: Die Beklagte kann sich nicht darauf berufen, dass die Bereitstellung mit hohen Kosten verbunden sei. Nach der DSGVO müssen personenbezogene Daten kostenlos bereitgestellt werden.
  • Kopien umfassen auch Dokumentenauszüge: Nach einer Entscheidung des EuGH umfasst das Recht auf eine „Kopie“ nicht nur eine bloße Liste der gespeicherten Daten, sondern auch originalgetreue und verständliche Reproduktionen von Dokumenten, E-Mails oder anderen relevanten Informationen.

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